Startseite > Schniederlihof

Schniederlihof

Wie verläuft der Lebensweg? Welche Richtung schlägt man ein? Kann man da wirklich abirren? Wer entscheidet darüber? Nur man selbst? Auch der Zufall, auch - ein kleines bisschen - die Bestimmung?

Vielleicht hätte ich in meinem Alter zurückblicken können und feststellen: Ich gehe auf die Rente zu, ich kann nicht mehr an den Ring des Basketballkorbs springen, neulich war ich kurz davor, die Haferflocken in den Kühlschrank zu stellen, wirklich gute Bücher schreibt man nicht mehr im Alter. Also: Zurücklehnen und weise genießen, was da noch komme möge, in der rechten Hand abwechselnd ein Glas Bier und Zigarette, in der linken Goethe, Faust II., oder doch eher die Fernbedienung?

Doch ich muss mir nichts vormachen. Innerlich war ich auf der Suche und wollte noch ganz woanders hingehen. Nur: An welche Kreuzung kam ich dann? In der Zeitung stand im Dezember 2022 ein Artikel: "Der Schniederlihof sucht einen neuen Betreuer". Erstaunt las ich: Die Gemeinde Oberried suche nicht nur einen neuen Leiter, sie suche einen solchen „händeringend“. Es sei jammerschade, wenn sich niemand für die Aufgabe finden würde.

Der Schniederlihof, dachte ich, dort oben am Schauinsland, sozusagen vor meiner Haustür? Das war mein Wegzeichen, mein neues. Ich habe die Zeitungsmeldung geradezu studiert - und sofort eine Bewerbung geschrieben, spontan, aus dem Ärmel geschüttelt, die erste in meinem Leben als immer Selbständiger, und per E-Mail abgeschickt, damit die Verantwortlichen sofort wüssten: Hier bin ich doch! Sofort bereit für die Aufgabe! Ich bin derjenige welcher!
Im Februar hatte ich dann ein Vorstellungsgespräch, ebenfalls das erste in meinem Leben.

Seitdem leite ich einen der ältesten Schwarzwaldhöfe. Das kommt mir immer noch nicht wirklich vor, als wäre ich doch vom rechten Wege abgeirrt. Aber es ist Wirklichkeit, und dazu Erfüllung, Freude, Spaß. Ich bin in einer wundervollen Gegend angekommen, von der ich nie erwartet hätte, dass es diese für mich gäbe: Statt im Leben langsam zu machen, bin ich noch mal voll losmarschiert - und bin plötzlich: Hofschreiber, Museumsleiter und Gastwirt. Wie irre ist das denn?